Bodykomplex – Karma | Review by Mensch-Maschinen-Musik

Finnland ist jetzt nicht gerade bekannt als Hochburg elektronischer Musik, von EBM ganz zu schweigen. Die bislang bekanntesten finnische Duos in diesem Genre stellen Advanced Art & Oldschool Union dar, die bislang auch nicht all zu viele Veröffentlichungen hinter sich brachten. Bodykomplex ist ein Projekt aus dem bereits dünn besiedelten Norden dieser eiskalten skandinavischen Republik. Ähnlich wie die schwedischen Newcomer Wulfband treten die beiden Protagonisten Kris & Olaf maskiert auf der Bühne auf. Auf ihrer Homepage ist zu entnehmen, dass sich beide ebenfalls nicht allzu ernst nehmen, was auch schwer zu übersehen ist. Die Lyrics, welche das alltägliche Leben auf die Schippe nehmen sollen, werden charmanterweise auf finnisch vorgetragen. Vor kurzem erschien nun auch ihr Debut-Album Karma beim renomierten italienischen Label EKProduct und einige Live-Auftritte konnten sie auch bereits verbuchen. Liest sich ganz wie ein Lauf!

Das Album beginnt zunächst mit dem Track “Kela”, was frei übersetzt soviel wie “Spule” bedeutet” und einigen aus dem Genre gewohnt harten Anhalt Basslines. Dabei wird gleich losgelegt und geshoutet was das Zeug hält während eine schroffe Bassdrum den Bodytrack treibt. Schnell wird klar: Hier geht es nicht um feine Klangsynthese, sondern um die volle Härte des Tanzflächenhooligan-Daseins. “Sööri” beginnt zunächst etwas zögerlich, beinhaltet jedoch eine angenehmere Klangfarbe in der Line und auch die Drums wirken feiner abgestimmt. Gesanglich bleibt das Schema gewohnt hart, der Track an sich ist gut tanzbar, die hohen Leads lassen ihn aber leicht ravig erscheinen was sich mit dem Konzept beißt und den Hörer verunsichert. Noch tiefer und dumpfer beginnt “Sähkömies” (übersetzt: Elektriker), ein Track der deutlich an Fettigkeit gewinnt und mit groben Sägezahnwellenformen und strukturierten Pausen arbeitet. Die “fetten” Aspekte schaden ein wenig der anvisierten Tanzbarkeit des Tracks. Die Vocals kommen weiterhin sympathisch rüber, jedoch fallen wiederum die Leads eher negativ ins Gewicht. Wesentlich überzeugender klingt die deutlich hellere und abwechslungsreichere Line von “Kumipuku” und auch die Leads wissen hier besser zu überzeugen. Die helle Klangfarbe, die dunklen Shouts und die schnellen Drums sind der Stil mit dem Bodykomplex wohl am besten fruchten. Der Track macht Spaß und macht auf seine kurze und schmerzlose Art alles richtig. Weiter geht es mit “Neuvoa Antavat” bei dem zunächst feucht-fröhlich zu monoton aufsteigenden EBM Bässen gerülpst wird. Auch hier ist die Klangfarbe wieder heller, in der Break treten abermals ravige Leads in Erscheinung, die sich diesmal jedoch melodisch gekonnt dazu ergänzen. Die Drums haben mit der Verwendung von Blechgetrommle ein wenig was vom Nitzer Ebb-Style. Jedoch haben Bodykomplex allein schon auf Grund des markanten finnischen Gesangs, der darüber hinaus sehr gut ist, einen deutlichen Wiedererkennungswert. Das Stomper-Herz wird mit dem unruhigen und deutlich bedrohlicher erscheinendem Track Kerrostaloelämää”, der darüber hinaus kaum auszusprechen ist, erfüllt. Die wilden Basse und straighten Drums laden zum gemeinschaftlich-freundschaftlichem Pogen ein und die Shouts fühlen sich an wie eine im Hintergrund verschwindende zusätzliche Instrumentalspur. So schnell wie der Track zuvor begann endete er auch schon, woraufhin Tee Se Itse Mies” gleich ansetzt. Ein Track der genauso dunkel, tanzbar und schnell beginnt wie vorheriger. Die Leads im Refrain beinhalten von der Melodie her wiederum sogar Tribal-artige Eigenschaften. Darüber hinaus unterscheidet sich dieser Track auch dadurch, dass hier zumindest ein Refrain, welchen man schön mitshouten kann, zu vernehmen ist. Nett.. Monoton und im 4/4-Takt geht es auch bei “Häkkilintu” weiter (mit 4:08 min. der längste Track des Albums). Darüber hinaus ist die Melancholie in der sehr angenehmen Bassline nicht zu überhören und der Hörer kommt in eine Phase an bei der man das Gefühl nicht los wird, dass das gesamte Album einem auf seine grobe Art eine Geschichte erzählen möchte. Die Drums wirken wiederum sehr gut abgestimmt und auch die Leads sitzen gut. Ein wirklich gutes Stück Musik! Mit leicht politischer Message beginnt der Track “Tragedia Petoksesta”. Hier fällt wieder eine wütendere Klangfarbe innerhalb der Sequenz ins Gewicht. Viel Veränderung zu vorherigen Tracks sind in den Drums nicht zu vernehmen und die Leads haben ein eher penetrantes Erscheinungsbild. Nichts Neues im Norden. Sägezahnlastiger und schwerer beginnt auch Väinö” und das Album erlangt eine Phase, bei der es Gefahr läuft langweilig zu werden. Man hat das Gefühl zum 5. mal den gleichen Track mit ein wenig Variation zu hören, auch wenn bisher einige überzeugende dabei waren. Jedoch muss man sagen, dass als man die Hoffnung schon aufgegeben hat, Selviytyjät” den Hörer ein wenig positiv überrascht, dadurch dass der Speed etwas abgebremst wird und auch die Melodien wieder angenehmer ins Gewicht fallen. Diese weiche, helle Art steht Bodykomplex ja doch mehr als der dunkle Schwermut. Mit ansteigenden Sequenzen beginnt Karman Laki”. Hier wird zum ersten mal darauf geachtet dem Hörer die Strukturen zunächst in kleinen Portionen zugänglich zu machen, bis der Track dann durch harte, leicht verzerrte Vocals und penetrante Virus-Leads ordentlich an Fahrt gewinnt. Die Vocals kommen gut an und es fällt sympathisch auf, dass hier ein größeres Variationsspiel in Erscheinung tritt. Jedoch sind es abermals die Leads im Refrain die nicht so gut dazu passen wollen. Straight und monoton setzt dann kurz vor Schluß noch Viinapiru” einen drauf. Die Line läuft gut mit und auch die Drums sowie der Melodiepart machen wieder mehr Spaß. Ein Track der sich nicht zu ernst nimmt und genau das ist es was der Hörer von einem Projekt wie Bodykomplex erwartet. Den Abschluß macht dann der gewichtige Track Työttömän Miehen Blues” mit schroffer, grober Line, straighten Drums und harten Vocals. Der Hörer weiß was er bekommt.

Fazit:
Bodykomplex ist durchaus ein Projekt mit Potenzial welches man nicht aus den Augen verlieren sollte. Allerdings stellt man schnell fest, dass der Hörer es hier mit Newcomern zu tun hat welche ein gewollt grobes Album produziert haben bei der die Klangästhetik in den Hintergrund fällt. Gesanglich ist das Ganze sehr sympathisch und die Stimmlage ist klasse, positiv fallen ebenfalls abwechslungsreiche Klangfarben in den Basssequenzen auf, die Drums könnten jedoch etwas Abwechlung vertragen. Den größten Kritikpunkt erhält Karma darin, dass die Leads oftmals unangenehm in Erscheinung treten und dem Hörer damit die Atmosphäre entzogen wird. Das gesamte Album verzichtet darüber hinaus auf Atmosphäre-Pads. Zudem ähneln sich viele Tracks sehr stark zueinander, so dass die wenigsten einprägsam bleiben, darüber hinaus wird größtenteils auch auf einen Refrain verzichtet. Nichts desto trotz sind doch einige “Schmankerl” dabei, die sich gut in eine DJ-Setlist integrieren lassen.. das ganze Album von Anfang bis Ende durch zu hören wirkt jedoch etwas ermüdend und anstrengend.

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