11Grams – Humanicide | Review by Mensch-Maschinen-Musik

Das Projekt 11grams ist eine futuristische 2-Mann-Kombo, welche sich aus dem Australier Simeon Fitzpatrick und dem US-Amerikaner Rob Early zusammensetzt. Dass es sich dabei nicht um die kürzeste Strecke handelt sollte bekannt sein. Dennoch erfinden sich seit dem letzten Jahrzehnt immer wieder Bands neu, die durch Fernkommunikation entstehen und Projekte über digitale Medien in Gang setzen. Das Projekt selbst ist noch relativ jung und hat vor drei Jahren ihr Debut-Album bei EK Product veröffentlicht, was jedoch etwas untergegangen ist. Mit Humanicide wird nun Kapitel zwei mit insgesamt neun neuen Tracks sowie fünf zusätzliche Remixe aufgeschlagen. Das Ganze umfasst eine Gesamtspieldauer von knapp einer Stunde und wurde ebenfalls kürzlich beim italienischen Label veröffentlicht. Darüber hinaus befinden sich noch einige Gastsänger mit drauf, man darf somit gespannt sein.

Den Start macht “Ice Man” mit einer technoid futuristischen Sequenz und einigen gut einsetzenden Breakbeats. Der Sound klingt äußerst modern und entführt den Hörer in verwunschene Sci-Fi-Welten. Die Melodien gehen gut ins Ohr und auch die Spielereien mit den einsetzenden Sprach-Samples kommen stark zur Geltung. Ein Track für Freunde moderner Electro-Industrial-Bands wie Full Contact 69, wobei der Vocoder-Einsatz leider etwas schwach zur Geltung kommt.

Daraufhin setzt “Genetic” mit einer rhythmischen Bassline und groovigen Synth-Elementen ein. Ein verspieltes und variationsreiches Klanggemisch, bei dem auch die einsetzenden Vocals sowie die EBM-lastige Bassline gut sitzen. Der Track ist durchgängig ziemlich gelungen und weiß durch ein ausgeklügeltes Arrangement und binaurale Stereo-Spielereien zu überzeugen.

Weiter geht es mit “Static Noises 2.0”, welcher Bass-lastig dumpf ansetzt und clubbige Beats zum Besten gibt. Die Nummer ist extrem tanzbar sowie ziemlich gut abgemischt und liefert ein düster-bedrohliches Klangbild. Nach ca. einer Minute setzt mit einer rapiden Hauptsequenz, jedoch ein kleiner Stilbruch ein. Diese zischt und zirpt streckenweise und nimmt dem Song die eigene Grunddynamik. Jedoch wandeln sich im weiteren Verlauf noch einige Klangpassagen, die angenehm verspielt wirken. Eine äußerst interessante Electro-Industrial-Nummer.

“Artificial Lifeforms” baut darauf auf und setzt zunächst gemächliche Synth-Elemente und sich zurückhaltende Breakbeats ein. Diese bäumen sich jedoch im weiteren Verlauf gekonnt auf und begleiten einige schöne Bass-Sequenzen und röchelnde Vocals. Im weiteren Verlauf geht der Track jedoch Synth Pop-lastigere Wege und ergänzt cleanen, jedoch nicht so stabilen Gesang, mit ausschweifend positiven Synth-Flächen und weiblichen Gesangs-Anteilen. Das nimmt dem Song leider etwas Energie, ansonsten ist es jedoch eine verdammt starke Nummer.

Als Gastsänger fungiert Roy Retrofit beim darauf folgenden “Survival”. Dabei handelt es sich um eine ziemlich flippige Electro-Nummer, die streckenweise auf Drum’n Bass sowie Chiptune-artige Synth-Sequenzen setzt. Die Nummer ist ziemlich schnell und hinterlässt einen positiven Gesamteindruck. Neben Rap-Einlagen des Gastsängers integrieren sich noch einige zischend zirpende Synth-Elemente gekonnt hinzu. Das Ganze ist ziemlich cool und bereitet Freude beim Zuhören.

Der gleichnamige Album-Song legt daraufhin mit Industrial-lastigen Beats und brachialen Glitch-Effekten nach. Entsprechend wirkt auch die sich überlagernde Synth-Sequenz, welche ebenfalls dick aufträgt. Die Vocals erinnern streckenweise an Front Line Assembly und auch gesamtheitlich macht der Track einen dystopisch futuristischen Eindruck. Das ist klanglich nicht uncool und schafft es über den weiteren Verlauf immer mehr Eindruck zu schinden. Chapeau!

Alicia May fungiert im darauf folgenden “Weaponized” als Gast-Sängerin. Dieser Track beginnt zunächst mit Flanger-behafteten Effekten und einigen experimentellen Synth-Spielereien. Nach kurzer Zeit jedoch wird dieser Song etwas tranciger und ebnet den Weg zu einer leicht EBM-artigen Acid-Bassline. Der Gesang ist ziemlich schön und weiß einen wundervollen Gesamteindruck zu hinterlassen.

Die nächste Gastsängerin heißt Rebekah Feng und liefert ihre Adaption zu “Transition Process”. Diese Nummer beginnt äußerst ambient mit einem Drone-artigen Synth Pad und einigen epochal orchestralen Klängen. Hinzu gesellen sich noch ein paar spacige Effekte, welche so dafür sorgen, dass der Hörer vom Klang komplett eingenommen wird. Die Gesangseinlagen setzen dabei orientalisch langatmig ein und geben dieser Dark Ambient Nummer einen weiblichen Touch.

Den eigentlich letzten Song stellt daraufhin noch “Infestation-C” mit Gastsängerin Sarah Myers dar. Dabei handelt es sich um eine äußerst trancige Electro-Nummer, die in technoid positiven Gewand den Hörer ummantelt. Auch die Gesangs-Parts wurden etwas künstlich inszeniert, gliedern sich jedoch gut ein. Leider nimmt der Track dem Gesamteindruck des Albums jedoch etwas die Stimmung, auch wenn der abwechslungsreiche Ansatz hier nicht verkehrt ist. Zuletzt darf man sich noch über einige Remixe von unter Anderem namhaften Künstlern wie Psy’Aviah, Sebastian Komor & Leather Strip freuen.

Fazit:

Das zweite und neue Album von 11grams weiß tatsächlich über weite Strecken sehr gut zu überzeugen. Nachdem das Debut-Album Panacea leider etwas dürftig und unscheinbar wirkte, so scheint Humanicide seine Hausaufgaben gemacht zu haben und liefert ein abwechslungsreiches Gesamtkonzept mit wirklich schönen und in sich geschlossen rund wirkenden Tracks. Kritik lässt sich in erster Linie auf die ein oder anderen Vocal-Parts und Stilbrüche ausüben, was jedoch in erster Linie eine Kleinigkeit darstellt. Das Album ist wirklich sehr gut produziert, enthält wunderschöne Klangpassagen und weiß durch gekonnten Einsatz einer futuristischen Sci-Fi-Atmosphäre zu begeistern. Ein wirklich schöner Geheimtipp dieser Australisch-US-Amerikanischen 2-Mann-Kombo!